Meinst du, die Russen wollen Krieg?

Shownotes

Einblicke und Eindrücke, die sich im ersten Moment oft nicht von unserer Welt unterscheiden: Werbung, Smartphones, Fastfood und Shopping Malls sind in der Öffentlichkeit präsent, wie wir es hier erleben. Die Bilder zeigen aber auch, wie sich Tradition und Moderne gegenüberstehen: Musiker mit Akkordeon und folkloristischem Repertoire beleben die Straßen neben Künstlern mit E-Gitarre und Verstärker. Modisch gekleidete Frauen treffen auf „Babuschkas“, die vor den Metrostationen Gemüse und Blumen anbieten. Die Fotografien sind typische und ungeschönte Impressionen des Alltags.

Meinst du, die Russen wollen Krieg? ist ein Gedicht des Poeten Evgenij Evtushenko aus dem Jahre 1961. Die Vertonung durch Mark Bernes führte zu internationaler Verbreitung. Das Antikriegslied betont das friedliche Russland und die schmerzvolle Erinnerung, da auch bis in fast jede Familie hinein Opfer zu beklagen waren. Der 9. Mai ist in Russland der Tag des Sieges zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Dieser Gedenktag änderte sich in den letzten Jahren grundlegend. Die offiziellen militärischen Staatsfeiern werden zunehmend ersetzt durch den Bessmertnyj polk (Бессмертный полк), auf Deutsch „unsterbliches Regiment“. Auf diesen Veranstaltungen vermischt sich das Feiern mit öffentlicher Manifestation und kollektiver Erinnerung an die Angehörigen. Die Teilnehmenden, Familien, Kinder, junge und alte Menschen, tragen Tafeln mit Bildern ihrer Vorfahren, die im Krieg gewesen sind oder davon betroffen waren. Die Demonstrationen haben drei Regeln: Keine Spruchbänder, keine Parteienreklame und keine staatliche Organisation. Offensichtlich wurde damit ein zentraler Nerv getroffen. 2018 gingen bereits 10 Millionen Menschen zur Erinnerung auf die Straße, allein in St. Petersburg und in Moskau waren es jeweils mehr als eine Million. Gemeinsam teilt man sich Geschichte und familiäre Verbundenheit. Ein Teil der Aufnahmen in der Ausstellung widmen sich dem Bessmertnyj Polk am 9. Mai.

Geschichte verblasst zunehmend, wenn die Erinnerung und Verantwortung nicht wachgehalten werden. Frieden kennt jedoch kein Verfallsdatum für Erinnerung. Das Wissen, wie andere Völker leben und welche Hintergründe dazu existieren, ist Grundlage dafür, dass unterschiedliche Kulturen einander respektvoll begegnen können. Die Ausstellung will Mut dazu machen. Denn Europa ist nur mit Russland möglich.

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